„Eine zynische, käufliche, demagogische Presse wird mit der Zeit ein Volk erzeugen, das genauso niederträchtig ist wie sie selbst.“
Pulitzers Satz ist keine Warnung mehr, sondern eine Beschreibung der deutschen Gegenwart. Unter Merz & Söder haben sich die Parteien CDU/CSU deutlich nach rechts verschoben.
Union,Boulevard und digitale Plattformen wirken dabei Hand in Hand, vergiften den Diskurs und lassen echte Skandale in Randnotizen verschwinden. Alles, was es schon vorher gab, hat unter der Union eine neue Dimension erreicht.
Springer: Schon immer Schmierblatt, jetzt Kampagnenmaschine
Springer (Bild, Welt) war nie neutral. Schon in den 1960er Jahren hetzte der Konzern gegen die Studentenbewegung, später gegen Migranten oder Arbeitslose. Vereinfachung und Feindbildpflege waren immer Geschäftsmodell. Doch unter der Union hat sich die Schlagkraft der Kampagnen massiv gesteigert: Bild ist längst keine Boulevardzeitung mehr, sondern eine Dauerpropagandamaschine.
Hinter diesem Kurs stehen knallharte Interessen: Mathias Döpfner, langjähriger Springer-Chef, pflegte enge Kontakte zur Union und positionierte den Konzern politisch. Kein Wunder, denn die Union betreibt jene Elitenpolitik, von der Springer und seine Netzwerke profitieren. Dazu gehört die Nähe zur Fossil-Lobby, deren Positionen in Springers Blättern regelmäßig prominent vertreten werden. Pressefreiheit wird hier zum Deckmantel einer Medienmacht, die eigene wirtschaftliche Interessen absichert.
Besonders deutlich zeigte sich das in einer Schmutz- und Lügenkampagne sondergleichen gegen Dr. RobertHabeck. Über Jahre hinweg stempelte Springer ihn nicht nur zum „Verbotsminister“ ab, sondern sprach ihm auch jede fachliche Kompetenz ab. Während der Energiekrise erfand der Konzern zusätzlich den Schlagwort-Mythos vom „Heizhammer“-,ein Begriff, der nie in einem Gesetz stand. Tatsächlich ging es um das Gebäudeenergiegesetz (GEG), das ursprünglich unter CDU-Minister Altmaier beschlossen wurde. Robert Habeck hat es lediglich übernommen und sogar entschärft.
Doch Springer stellte es so dar, als sei es allein „Habecks Heizgesetz“. Burda und Nius griffen diese Zuspitzung begierig auf, und selbst die Öffentlich-Rechtlichen verbreiteten sie, als handele es sich um den offiziellen Titel.
So wurde ein einzelnes Schlagwort zum Symbol, das bis heute wirkt. So wurde mit einem einzigen Framing ein Politiker zerstört.
Und während künstliche Skandale medial aufgeblasen werden, verschwinden echte Verfehlungen nahezu lautlos.
Jens Spahn ist das Paradebeispiel. Maskendeals, Immobiliengewinne, Nähe zu Lobbyisten-, Stoff genug für monatelange Schlagzeilen. Doch im Vergleich zur „Heizhammer“-Hysterie blieb es eine Randnotiz. Bis heute darf Spahn von Talkshow zu Talkshow tingeln, ungefiltert Behauptungen aufstellen und lügen, ohne dass Journalisten konsequent widersprechen.
Recherchen von Correctiv, Monitor und anderen haben längst viele Details ans Licht gebracht. Doch im Mainstream verhallt es. Aufgeblähte Pseudo-Skandale dominieren alles, während echte Verfehlungen im Hintergrund verschwinden. Genau an dieser Stelle springen andere Medien ein, die die Union-Linie weiter zuspitzen.
Burda & #Nius: Verstärker der Stimmung
Burda-Medien wie der Focus bedienen seit Jahren populistische Reflexe. Unter der Union ist daraus ein regelrechter Clickbait-Betrieb geworden: „Gender-Wahnsinn“, „Klimahysterie“, „Kostenexplosion“-, Schlagzeilen, die Ängste schüren, nicht aufklären.
Noch deutlicher zeigt es sich bei Nius. Das Projekt von Julian Reichelt war von Anfang an keine Redaktion, sondern eine Kampagnenplattform. Finanziert vom Union-nahen Milliardär Frank Gotthardt, der sein Vermögen in den Jahren unter Jens Spahn massiv vermehren konnte, bekam das Portal gleich doppelten Rückenwind: einerseits finanziell, andererseits politisch.
Denn hochrangige CDU/CSU-Vertreter gaben Nius Interviews, posierten in dessen Formaten und verschafften dem Projekt damit eine Seriosität, die es inhaltlich nie hatte. Faktisch bewegte sich Nius von Beginn an offen auf AfD-Linie und gewann dennoch durch diese Unterstützung ein Maß an Legitimation, das es ohne die Union nie erreicht hätte.
Dass solche Medien erfolgreich wirken, liegt auch daran, dass die Union selbst den Ton verschärft.
Die Union: Die Grünen als Hauptfeind
Unter ihrer heutigen Führung hat die Union Positionen übernommen, die früher am rechten Rand standen. Migration, Kriminalität, Sozialabbau, alles wird zugespitzt, überhöht, skandalisiert. Vor allem aber wurden die Grünen zum Hauptgegner erklärt.
Ob Energie, Klima oder Sozialstaat-, die Union zeichnet sie als Partei der Verbote, als Gefahr für Wohlstand und Normalität. Diese Feindmarkierung wurde von Springer, Burda, Nius und schließlich sogar den Öffentlich-Rechtlichen übernommen. Damit verschmelzen politische Strategie und mediale Begleitung.
Dass die Grünen so massiv ins Visier geraten, ist kein Zufall. Sie stehen wie keine andere Partei für eine Politik, die fossile Abhängigkeiten abbauen, Konzerne regulieren und Eliteninteressen beschneiden würde. Genau deshalb erklärt die Union sie zum Feind. Mithilfe der Medien setzt die CDU/CSU so eine Elitenpolitik um, die gezielt Interessen nach oben absichert -,von Konzernen, Lobbygruppen und Superreichen und die Kosten nach unten weitergibt. Was hier stattfindet, ist nichts anderes als ein Klassenkampf von oben nach unten, getarnt als „bürgerliche Politik“.
Öffentlich-Rechtliche & Talkshows: Versagen der vierten Gewalt
Gerade die Öffentlich-Rechtlichen könnten ein Gegengewicht sein. Und ja, es gibt investigative Leuchttürme wie Monitor oder Panorama, die immer wieder Missstände ans Licht bringen. Doch genau diese Formate erreichen nur ein begrenztes Publikum. In den Hauptnachrichten, wo die breite Masse informiert wird, findet sich davon kaum etwas. Dort dominiert ein staatsnaher Tonfall, geprägt von parteipolitischen Netzwerken in den Rundfunkräten.
Kein Wunder: Die Union sitzt in diesen Gremien, bestimmt Posten mit und beeinflusst so Themengewichtung und Tonalität.
Das zeigt sich besonders in den Talkshows. Hier wandern Unionspolitiker von Runde zu Runde, überziehen mit Zahlen, behaupten Verbote, bedienen Ressentiments. Die Sendungen sind aufgezeichnet,ein Faktencheck wäre leicht möglich. Doch er bleibt aus. Lügen verhallen ungefiltert, weil Wahrheit der Quote im Weg steht.
Und während nationale Medien versagen, verstärkt sich das Problem global.
Social Media: Algorithmus als Brandbeschleuniger
In den Netzwerken multiplizieren Algorithmen, was Angst und Wut erzeugt. Rechte Technokraten nutzen das, Fake News verbreiten sich schneller als jede Korrektur. Gleichzeitig schiebt die russische hybride Kriegsführung gezielt Desinformation in die Spaltungen, die hierzulande durch Boulevard und Union bereits vertieft wurden. Correctiv hat mehrfach gezeigt, wie professionell solche Kampagnen orchestriert sind.
Die eigentliche Schutzmauer wäre ein starker Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk ,doch der verhält sich zahm. So werden die Gräben in der Gesellschaft immer tiefer.
Pulitzers bittere Aktualität
Pulitzers Diagnose ist heute bittere Realität. Die Gesellschaft ist tiefer gespalten denn je, der Diskurs vergiftet. Schlagworte ersetzen Argumente, Feindbilder ersetzen Debatten, Lügen ersetzen Fakten.
Das Drehbuch ist alt – aber die Dimension ist neu:
Springer als Schmierblatt, aggressiver denn je – eng verflochten mit der Union, Fossillobby und Eliteninteressen.
Burda und Nius als Verstärker, schriller und Union-näher denn je.
Öffentlich-Rechtliche, die in den Hauptnachrichten zahmer sind als je zuvor.
Talkshows, die systematisch zur Bühne für Lügen werden.
Social Media als algorithmischer Brandbeschleuniger, verstärkt durch Russland.
Eine Union, die den Rechtsruck selbst vorantreibt und die Grünen zum Hauptfeind erklärt.
Und echte Skandale wie Spahn? Sie bleiben bis heute eine Randnotiz.
Pulitzers Warnung zeigt sich in voller Schärfe: Solange Medien Macht nicht kontrollieren, sondern sie verlängern, erodiert die Demokratie weiter. Unter der Union hat dieses alte Spiel eine neue, gefährlichere Dimension erreicht. Mit jedem Jahr wird die Gesellschaft zynischer, gespaltener, misstrauischer genau so, wie es die Presse vorgemacht hat.