Die Grünen im Suchmodus – warum eine starke Partei ihre Sprache wiederfinden muss

Es gibt Phasen in der Politik, in denen eine Partei nicht scheitert, sondern schlicht leiser wird. Genau dort stehen die Grünen im Herbst 2025. Nach Jahren, in denen sie die öffentliche Debatte geprägt haben, wirken sie heute wie eine Kraft, die kaum noch durchdringt.

Seit Annalena Baerbock, Robert Habeck und Cem Özdemir von der großen Bühne abgetreten sind, klafft eine Lücke. Es fehlen die Gesichter, die polarisieren, die Debatten entzünden – Menschen, an denen sich Zustimmung wie Widerspruch reiben konnte. Diese Projektionsflächen sind verschwunden. Zurück bleibt eine Partei, die sich mehr mit Verwaltung als mit öffentlicher Wirkung beschäftigt.

Die Umfragen spiegeln das wider: von über 20 % im Hoch 2021 auf heute nur noch rund 11 %. Im Westen noch bei knapp 14 %, im Osten bei sieben. Das ist kein Untergang, aber es ist eine Warnung. Eine Partei, die einst als Zukunftsversprechen galt, droht in der Wahrnehmung der Gesellschaft an den Rand zu rücken.

Ich habe mir in den letzten Wochen die Mühe gemacht, die digitalen Auftritte der Grünen genauer anzusehen. Webseiten, Instagram-Kanäle, Facebook-Seiten – vom Bundesverband bis zu Ortsgruppen. Das Ergebnis ist ernüchternd: 240.000 Follower auf der Bundes-Facebook-Seite, doch Beiträge erreichen kaum mehr als 100 bis 200 Teilungen. In den Kommentarspalten herrscht Stille, die Posts versickern in der eigenen Bubble. Politik lebt aber davon, Räume zu öffnen – nicht nur, die eigene Anhängerschaft zu bestätigen.

Natürlich, die Grünen haben es schwer. CDU und CSU haben sie seit Jahren zum Hauptgegner erklärt. Die AfD hackt unablässig auf ihnen herum. Dauerbeschuss hinterlässt Spuren. Doch wer sich zurückzieht, verliert. Politik braucht nicht nur Inhalte, sie braucht auch den Mut, sie mit Leidenschaft und Kante zu vertreten.

Hier lohnt ein Blick auf Felix Banaszak. Er ist kein Neuling. 1989 in Duisburg geboren, früh bei den Grünen eingetreten, Vorsitzender der Grünen Jugend, später Landesvorsitzender in NRW, seit 2021 im Bundestag. Er kennt den Maschinenraum der Partei, er versteht Strategien, Mehrheiten, Strukturen. Aber er ist kein Lautsprecher. Keine Figur, die das große Publikum erreicht. Seine Vision, die Grünen zur „führenden Kraft der linken Mitte“ zu machen, ist wichtig. Doch sie bleibt blass, solange sie nicht mit einer Sprache verbunden wird, die Menschen berührt.

Genau hier liegt der Knackpunkt: Die Grünen haben das Wissen, die Strukturen, die Themen. Aber sie sprechen nicht mehr so, dass die Gesellschaft zuhört.

Ich schreibe das mit Nachdruck, aber nicht aus Häme. Seit über 23 Jahren arbeite ich als Medien- und Werbeberater, ich beschäftige mich täglich mit Texten, Strategien, Kommunikation. Ich weiß, wie gnadenlos Öffentlichkeiten Leere bestrafen. Die Grünen sind nicht schwach, weil ihre Ideen falsch wären. Sie sind schwach, weil sie sie nicht mehr erzählen.

Drei Schritte, die jetzt nötig sind

1. Themen öffnen
Die Grünen dürfen sich nicht auf Klima und Energie verengen. Rente, Arbeit, Pflege, Gesundheit sind die Fragen, die den Alltag bestimmen. Wer hier glaubwürdig Antworten gibt, gewinnt Vertrauen zurück.

2. Mut zur Kante
Nicht nur reagieren, sondern selbst angreifen. Missstände benennen, Widersprüche der Gegner aufzeigen. Nicht schrill, sondern klar, menschlich, erkennbar.

3. Eigene Kanäle neu denken
240.000 Follower sind keine Stärke, wenn Stille herrscht. Die Grünen brauchen wieder Resonanzräume – kurze Videos, klare Botschaften, Debattenanstöße. Weniger Verwaltungssprache, mehr Haltung.

Die Grünen sind keine kleine Partei am Rand. Sie sind eine Kraft, die Deutschland geprägt hat und wieder prägen kann. Aber nur, wenn sie begreifen, dass Politik nicht nur aus Beschlüssen besteht, sondern aus Sprache, Bildern, Mut. Es ist Zeit, sich daran zu erinnern.

#GrüneZukunft
#PolitikMitHaltung
#KommunikationStattStille
#MutZurKante
#GesellschaftImBlick

Avatar-Foto

Von Karlheinz Skorwider

Karlheinz Skorwider – CEO, Autor & Redakteur Unabhängiger Medien- und Werbeberater mit über 23 Jahren Erfahrung. Beobachter politischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklungen, mit klarem Blick auf Sprache, Machtstrukturen und öffentliche Debatten. Vater von drei Kindern, schreibt an dystopischen sowie gesellschaftskritischen Romanen und arbeitet an Projekten politischer Aufklärung. Bei QuelleX verbindet er kritische Analyse mit erzählerischer Schärfe – stets auf der Suche nach Klarheit, Haltung und Perspektive jenseits der Schlagzeilen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert