Wir haben in Deutschland ein Informationsfreiheitsgesetz. Seit 2006 schwarz auf weiß: § 1 IFG. Jede:r Bürger:in hat Anspruch auf amtliche Informationen. Punkt. Klingt nach Transparenz, klingt nach Kontrolle, klingt nach Demokratie.

Und dann kam das „Open-House“-Maskenverfahren. Über 500 Firmen, über 700 Zulieferer – Milliardenpoker mit Steuergeld. FragDenStaat beantragte die Lieferantenliste. Antwort des Gesundheitsministeriums? Schweigen, Schwärzen, Blockieren. Plötzlich hieß es: „Geschäftsgeheimnisse“,Persönlichkeitsrechte“, „laufende Verfahren“. Alles Ausnahmen, die nicht dafür gedacht waren, ein ganzes Verfahren im Dunkeln zu versenken – und trotzdem genau so genutzt wurden.

Denn klar ist: Es geht längst nicht mehr nur um Maskenlisten. Es geht um ein Netzwerk, das sich im Handelsregister wie eine Spur aus Brotkrumen nachzeichnen lässt. Während Pflegekräfte in Müllsäcken arbeiteten, herrschte Masken-Goldgräberstimmung. Firmen wurden in Windeseile gegründet, manche Personen gleich mit mehreren Gesellschaften parallel. Jede Neugründung ein Ticket zum schnellen Steuergeld. Genau da müsste Aufklärung ansetzen: Wer gründete plötzlich Briefkastenfirmen? Wer kassierte doppelt und dreifach? Welche Namen tauchen immer wieder auf – mit welchen politischen Verbindungen?

Und genau deshalb blockiert das Ministerium. Denn eine vollständige Liste würde diese Verflechtungen ans Licht zerren. Stattdessen: Anwaltshonorare in Millionenhöhe, geschwärzte Berichte, verschleppte Antworten. Das IFG, das Transparenz verspricht, ist in der Praxis zur Schwärzungslizenz für Ministerien verkommen.

Und jetzt wird es bitter: Statt diese Misere zu beenden, will die CDU das Informationsfreiheitsgesetz gleich „in seiner bisherigen Form abschaffen“. So steht es schwarz auf weiß in ihren Verhandlungspapieren. Philipp Amthor – der Mann, den das IFG einst selbst in Lobby-Affären in Bedrängnis brachte – ist federführend dabei. Die offizielle Linie lautet jetzt „Reform mit Mehrwert für Bürger:innen und Verwaltung“. Klingt harmlos, ist aber nichts anderes als ein Schritt zurück.

Die BfDI warnt, NGOs und Journalist:innen schlagen Alarm: Abschaffung oder Aushöhlung des IFG wäre ein Frontalangriff auf Transparenz und demokratische Teilhabe. Denn wenn schon das bestehende IFG von Ministerien so schamlos missbraucht wird – was passiert dann erst, wenn es reformiert, verwässert oder gleich gestrichen wird?

Das ist die Realität im Jahr 2025: Wir haben ein Gesetz, das Transparenz garantieren soll. Ein Ministerium, das Transparenz in Dunkelheit verwandelt. Und eine CDU, die Transparenz gleich ganz abschaffen will. Demokratie ohne Information? Das ist nicht Kontrolle, das ist Selbstentmachtung.

Und was denkt ihr, warum die CDU das IFG unbedingt in dieser Form abschaffen will?
Ich sage es noch einmal: über 700 Maskenlieferanten damals, über 500 Firmen, dazwischen hunderte neue Firmengründungen. Was könnten wir da lesen, wenn das Gesundheitsministerium nicht so blocken würde?

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Von Christina Christiansen

Christina Christiansen arbeitet als freie Autorin und politische Kommentatorin mit Schwerpunkt auf Demokratie, Machtstrukturen und gesellschaftliche Entwicklungen in Deutschland. Mit einem Hintergrund in der Erwachsenenbildung und einer langjährigen Erfahrung in der Analyse politischer Prozesse verbindet sie journalistische Klarheit mit einer pointierten Haltung. Ihre Texte sind geprägt von kritischer Recherche, einer klaren Sprache und dem Anspruch, komplexe Zusammenhänge verständlich und nahbar zu machen. Im Zentrum steht für sie die Aufklärung über autoritäre Tendenzen, Korruption und den Schutz demokratischer Werte. Christiansen veröffentlicht Bücher, Essays und Kommentare zu aktuellen politischen Themen und baut parallel eine wachsende Community in sozialen Netzwerken auf, in der sie für Transparenz, Diskurs und gesellschaftliche Verantwortung eintritt.