Transatlantisches Machtgeflecht

Was sich in den letzten Jahren Stück für Stück offenbart, ist kein loses Nebeneinander von Kontakten, sondern ein engmaschiges Netz aus politischen, wirtschaftlichen, ideologischen, medialen und digitalen Verbindungen. Immer wieder führen die Fäden zur CDU – und auffallend oft zu Jens Spahn, heute Fraktionsvorsitzender der Regierungspartei.
Im Zentrum steht die CDU-nahe Kampagnenagentur The Republic, deren Strategieleiter Arian Aghashahi früher für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion arbeitete und als politischer Mentee von Spahn gilt. Von hier aus verzweigen sich die Kontakte weit über Deutschland hinaus – direkt zu US-amerikanischen Think Tanks wie dem Heartland Institute, dem Atlas Network und der Tholos Foundation. Diese Organisationen sind keine neutralen Forschungsinstitute, sondern Treiber einer klaren politischen Agenda. Das Heartland Institute ist berüchtigt für Klimawandelleugnung und war maßgeblich an der Klima- und Energiepolitik von Project 2025 beteiligt. Das Atlas Network, finanziert unter anderem von den Koch-Brüdern, koordiniert weltweit mehr als 550 marktradikale Think Tanks mit dem Ziel, Regulierung, Sozialstaat und Arbeitnehmerrechte zu schwächen. Die Tholos Foundation drängt auf Deregulierung im Gesundheits- und Verbraucherbereich – also genau dort, wo Spahn als ehemaliger Gesundheitsminister politisch wirkte.
Über The Republic finden diese Akteure den direkten Weg in deutsche Politik. Veranstaltungen wie die „Berlin Campaign Conference“ brachten CDU-Spitzen, darunter Spahn-nahe Personen, gemeinsam mit Vertretern dieser US-Think Tanks auf die Bühne. Auch wirtschaftsliberale Lobbygruppen wie die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) sind Teil dieser Szenerie.
Parallel dazu existiert ein Kreis finanzstarker Investoren mit engen CDU-Kontakten: Christian Angermayer, CDU-Großspender, und der US-Techmilliardär Peter Thiel sind langjährige Geschäftspartner. Beide pflegen persönliche Beziehungen zu Spahn und investieren in Branchen, die von politischer Regulierung abhängig sind. Ergänzt wird dieses Kapitalnetzwerk durch den Finanzgiganten KKR, dessen Führungskräfte hohe Summen an CDU-Spitzen spendeten und der für seine aggressive Einflussnahme in regulierten Märkten bekannt ist.
In den USA ist Project 2025 unter Präsident Trump bereits Regierungspolitik – mit tiefgreifenden Folgen: Rückbau von Umwelt- und Sozialstandards, Umgestaltung staatlicher Institutionen nach parteipolitischen Interessen, Stärkung wirtschaftlicher Eliten. Die ideologischen Blaupausen dafür fließen über Heritage Foundation, Heartland, Atlas und Tholos – und über CDU-nahe Strukturen wie The Republic – direkt in deutsche Politik. Dass sowohl Donald Trump in den USA als auch die CDU in Deutschland wieder an der Macht sind, ist kein Zufall, sondern das Resultat jahrelanger strategischer Vernetzung. Die gleichen Akteure, die in den USA über Think Tanks wie Heritage, Heartland und Atlas auf den politischen Umschwung hingearbeitet haben, pflegen auch in Deutschland enge Kontakte in die Parteispitze. Über Organisationen wie The Republic, persönliche Beziehungen zu Schlüsselpolitikern wie Jens Spahn und gezielte finanzielle Unterstützung wurde ein Klima geschaffen, in dem diese politischen Kräfte gleichzeitig erstarken konnten. So entsteht ein transatlantisches Machtgeflecht, das nicht nur Wahlen gewinnt, sondern auch die politische Agenda nach eigenen Vorstellungen ausrichtet.
Neben Politik, Kapital und Ideologie spielt die mediale Ebene eine zentrale Rolle. CDU-freundliche Tages- und Wochenpresse gibt Akteuren wie Spahn, Merz oder CDU-nahen Think-Tank-Vertretern bevorzugt Plattformen. Beteiligungen von Investoren aus dem Umfeld von Angermayer, KKR oder Thiel an Medienhäusern schaffen Einflusskanäle, über die wirtschafts- und gesellschaftspolitische Debatten gezielt gesteuert werden können. Transatlantische PR-Strukturen von Heritage oder Atlas schleusen Narrative in deutsche Medien, etwa über Gastbeiträge und bezahlte Kampagnen. Kritische Berichterstattung über diese Netzwerke ist dort oft unterrepräsentiert, während wirtschaftsliberale und marktradikale Positionen als vernünftiger Mittelweg präsentiert werden.
Die digitale Ebene verstärkt diese Wirkung. CDU-nahe Kommunikationsagenturen wie The Republic setzen Social Media gezielt ein, um Themen aus den Think-Tank-Pipelines in den deutschen Diskurs zu bringen. Über Facebook, Instagram, X/Twitter und TikTok werden Kampagnen so gestaltet, dass sie wie organische Debatten wirken, obwohl sie strategisch orchestriert sind. CDU-freundliche Influencer und Micro-Influencer verbreiten Argumentationslinien, ohne sich als Teil einer Kampagne zu erkennen zu geben. Kritische Themen werden durch Empörungswellen zu Nebenthemen überlagert, während Inhalte aus dem US-Netzwerk an deutsche Kontexte angepasst und online getestet werden. Durch den Schulterschluss mit Investoren aus dem Tech-Bereich entsteht eine datengetriebene Wahlkampfmaschine, die personalisierte Botschaften gezielt an einzelne Wählergruppen richtet – und so Zustimmung mobilisieren oder Gegner demobilisieren kann.
Wenn diese fünf Machtbereiche – Politik, Kapital, Ideologie, klassische Medien und Social Media – in denselben Netzwerken gebündelt werden, verschwimmen die Grenzen zwischen öffentlichem Auftrag und privatem Vorteil. Entscheidungen fallen dann im Sinne eines geschlossenen Kreises aus Parteiführung, Investoren und internationalen Strategen – zulasten von Transparenz, demokratischer Kontrolle und politischer Unabhängigkeit. Die CDU ist dabei nicht nur eine beteiligte Partei, sondern der zentrale Knotenpunkt, über den all diese Ströme zusammenlaufen. Und Jens Spahn steht in diesem Geflecht immer wieder im Mittelpunkt – als politischer Strippenzieher, als Mentor wichtiger Akteure und als Gesicht einer Partei, die tief in ein internationales Netzwerk eingebunden ist, dessen Agenda längst Realität geworden ist.
Text: Claudia Steiner
Dies ist ein Testkommentar