Wir reden immer noch, als hätten wir Zeit. Als könnten wir die Katastrophe verschieben, als ginge es uns nichts an, als wäre das alles ein fernes Szenario in irgendeiner Zukunft. Aber die Wahrheit ist: Wir haben sieben von neun planetaren Belastungsgrenzen überschritten. Sieben. Das ist keine schrille Öko-Panik, das ist wissenschaftlich vermessen, berechnet und dokumentiert. Das Erdsystem schreit uns die Warnungen längst ins Gesicht, und wir drehen den Kopf zur Seite.
Der Klimawandel ist außer Kontrolle. Die Konzentration von Treibhausgasen liegt weit über allem, was dieses System tragen kann, Hitzerekorde purzeln im Monatsrhythmus, und Extremwetter fegen ganze Landstriche von der Landkarte. Gleichzeitig kollabiert die Biosphäre, die Integrität unserer Ökosysteme. Arten sterben schneller aus, als wir sie überhaupt erfassen können, und Regenwälder, Korallenriffe, Grasländer verlieren ihre Funktion, die sie über Millionen Jahre aufgebaut haben. Wir machen Land zur Ware, reißen Wälder ab, versiegeln Böden, verwandeln fruchtbare Erde in Steppe. Süßwasser, die Lebensgrundlage jeder Zivilisation, versiegt – Flüsse trocknen, Grundwasserspiegel sinken, ganze Regionen drohen unbewohnbar zu werden. Und währenddessen ertränken wir das Erdsystem in Chemie: Stickstoff, Phosphor, Plastik, Pestizide, Substanzen, die nicht abgebaut werden können, die überall auftauchen – im Trinkwasser, im Blut, im Mutterkuchen von Neugeborenen. Als Krönung kommt die Ozeanversauerung hinzu. Jahrzehntelang lag sie knapp an der Grenze, jetzt ist auch sie überschritten. Die Meere beginnen, ihre Funktion zu verlieren, Muscheln und Korallen können keine Schalen mehr bilden, die Grundlage mariner Nahrungsketten bricht weg.
Zwei Grenzen sind noch nicht gefallen: der Schutzmantel der Ozonschicht und die globale Aerosolbelastung. Beides hält uns gerade noch in einem Restbereich der Sicherheit. Die Ozonschicht nur, weil die Weltgemeinschaft einmal bewiesen hat, dass sie handeln kann – das Montreal-Protokoll hat FCKW verboten, und das Loch beginnt sich langsam zu schließen. Ein Beweis, dass Politik Leben retten kann, wenn sie will. Und die Aerosole, winzige Partikel in der Luft, die Wetter und Klima beeinflussen, sind global noch unter der Schwelle, auch wenn sie lokal längst töten.
Aber wehe, wenn auch diese Grenzen fallen. Dann gibt es keinen Puffer mehr, keine Sicherheitszone, kein Netz, das uns auffängt. Dann sind wir im Hochrisiko-Modus, und die Erde kippt in ein neues Gleichgewicht, das nichts mehr mit dem zu tun hat, was uns vertraut ist. Mehr UV-Strahlung, mehr Hautkrebs, zerstörte Pflanzen, zerfallende Nahrungsketten, dazu chaotische Klimamuster durch Aerosole, die Wolken und Regen verändern. Dann beginnt der Dominoeffekt: ein System nach dem anderen bricht zusammen, und wir stehen mittendrin, ungeschützt, nackt.
Und trotzdem benehmen wir uns, als sei das alles ein Strategiespiel, als könnten wir uns durchmogeln. Niemand hat Bock auf Leid und Tod, niemand will diese Spirale. Egal, wie cool, sarkastisch oder zynisch wir uns geben – das lässt niemanden kalt, und wenn doch, dann nur, weil Verdrängung die letzte Schutzmauer ist. Aber Verdrängung ändert nichts an der Physik. Die Grenzen sind real. Und wir haben sie überschritten.
#klimawandel #Umweltschutz